Über mich

Die Stationen meines beruflichen Werdeganges führten mich über eine langjährige Tätigkeit als Lehrerin an einer Gesamtschule, über eine Fachseminarleitung für das Fach Geschichte wie auch Hauptseminarleitung an einem Studienseminar für das Lehramt Sekundarstufe I, über eine Abordnung als Lehrerin im Hochschuldienst (Universität Köln) schließlich an die Pädagogische Hochschule Ludwigsburg, an die ich im Jahr 2007 als Professorin für Geschichte und ihre Didaktik berufen wurde.

Bereits in den 1990er Jahren arbeitete ich über mehrere Schuljahre hinweg als Klassenlehrerin in einer so genannten Integrationsklasse an einer Gesamtschule in Nordrhein-Westfalen. Die Heterogenität unserer Lerngruppe (Förderbedarfe in den Bereichen Geistige Entwicklung, Lernen und Körperliche Entwicklung bis hin zu Schüler*innen, die ihr Abitur würden ablegen können) forderte uns stark heraus. Wir begannen, uns in die Konzepte des Offenen Unterrichts und des Selbstorganisierten Lernens einzuarbeiten,  die damals noch nicht so sehr bekannt waren. Immerhin gelang uns auf diese Weise eine breit angelegte Binnendifferenzierung, die einen gemeinsamen Unterricht grundsätzlich erlaubte.

Allerdings fiel mir bereits damals auf, dass vor allem die Kinder mit dem Förderbedarf Geistige Entwicklung zwar an den gleichen Sachthemen arbeiteten, jedoch mit unterschiedlicher Zielsetzung: Wo es in der `Regelgruppe` um sachfachliche Ziele ging, wurden für diese Schüler*innen häufig motorische oder soziale Lernziele  formuliert.

Diese Wahrnehmung führte dazu, dass ich begann, mich im Rahmen meines Unterrichtsfaches Geschichte wissenschaftlich zu betätigen. Über die Jahre hinweg habe ich mich von unterschiedlichen Seiten den Grenzen der aktuellen geschichtsdidaktischen Theoriebildung angenähert. Dabei wurde mir deutlich, dass nicht nur Schüler*innen mit geistig-kommunikativer Andersheit, sondern auch Schüler*innen mit historisch-kultureller Andersheit nicht die gleiche historische Bildung erhielten, wie die Schüler*innen der dominanzkulturellen Gruppe. Ich konnte zunehmend deutlicher herausarbeiten, dass wir (nicht nur aber auch) über unseren Geschichtsunterricht einen Beitrag zur Stabilisierung des `kolonialen Blicks` leisten. Die Folgen des `kolonialen Blicks`  können Ethnozentrismus, Fremdenfeindlichkeit und auch Rassismus sein.

Auf der Suche nach einer alternativen Theoriebildung bin ich auf den phänomenologischen Ansatz innerhalb der Disability Studies gestoßen. Da das phänomenologische Menschenbild in der Sonderpädagogik bereits anerkannt war, begann ich, es mit Blick auf seine Reichweite für die Geschichtsdidaktik hin zu prüfen. Vor allem die Einlassungen Edmund Husserls zum inneren Zeitbewusstsein stellten sich als anschlussfähig zu den Überlegungen, die ich bereits in meiner Dissertation (Wie kann man Geschichte lehren? Die Bedeutung des Konstruktivismus für die Geschichtsdidakti. SchwalbachTs.: Wochenschau-Verlag 2002) vorgelegt hatte, heraus.

Insgesamt erwies sich der phänomenologische Ansatz als ungemein weiter führend mit Blick auf eine Inklusive Geschichtsdidaktik. Allerdings musste mit zentralen Vorstellungen gebrochen werden: So bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass es ein Geschichtsbewusstsein im individuellen Leben nicht gibt. Das Geschichtsbewusstsein erscheint vielmehr als eine wissenschaftliche Konstruktion, um im Kontext der Geschichtswissenschaft und der Geschichtsdidaktik domänenspezifische Überlegungen beschreibbar zu machen – dies dann allerdings mit weit reichenden Konsequenzen sowohl für Individuen wie auch für Kollektive. Auch bin ich der Ansicht, dass Geschichte nicht auf das Narrativitätsparadigma reduziert werden kann und darf. In jedem menschlichen Handeln zeigen sich historische Bezüge als ein reflexiver Rahmen, die den Menschen auch jenseits eigener historischer Narrationen individuell handlungsfähig sein lassen.

Wer mag, lese selbst und bilde sich eine Meinung…