Inklusive Geschichtsdidaktik

Die aktuelle geschichtsdidaktische Theoriebildung kann inklusiven Anforderungen an das historische Lernen nur sehr bedingt gerecht werden (vgl. Beiträge unter dem Reiter Publikationen).

Herkunft und Fähigkeiten zeigen sich als strukturelle Nachteile, was die historische Bildung angeht.

Inklusiv darf sich seriöserweise nur eine solche Didaktik nennen,die allen Menschen, jenseits von Herkunft und Fähigkeiten, die gleiche Bildung zukommen lässt.

Mit meiner 2017 erschienenen Monographie „Inklusive Geschichtsdidaktik. Vom inneren Zeitbewusstsein zur dialogischen Geschichte, Schwalbach/Ts.: Wochenschau-Verlag“  liegt ein solches domänenspezifisches Angebot vor und kann in Bezug auf seine Chancen und Grenzen diskutiert werden.

Diese Homepage bezieht sich auf die vorgestellte Monographie. Sie dient dem Zweck, den Paradigmenwechsel, den ich für die Geschichtsdidaktik vorschlage, über den Text hinaus gehend interessierten Leser*innen verständlich zu machen. Da didaktisches Handeln stets begründet werden muss, um dem Vorwurf der Beliebigkeit zu entgehen, liegt der wesentliche Sinn des Buches darin, einen kohärenten Theorierahmen zu entwickeln, von dem her ein inklusiver Umgang mit Geschichte(n) begründet werden kann.

Der theoretische Rahmen der Inklusiven Geschichtsdidaktik baut wesentlich auf philosophischen Konzepten auf:

  • Grundlegend ist der leibphänomenologische Ansatz, wie er von Edmund Husserl, Maurice Merleau-Ponty und Bernhard Waldenfels ausgeführt wurde.
  • Das Lebensweltkonzept und die Ausführungen zur Entwicklung des inneren Zeitbewusstseins von Edmund Husserl erwiesen sich als ausgesprochen anschlussfähig für eine inklusive geschichtsdidaktische Konzeption.
  • Auf der Grundlage des Gestaltkreises von Viktor von Weizsäcker konnte die Relevanz der Einheit von Wahrnehmen und Bewegen für eine Inklusive Geschichtsdidaktik beschrieben werden.
  • Wilhelm Schapps Philosophie der Geschichten erwies sich mit Blick auf seine Ausführungen zu den  Aspekten `in Geschichten verstrickt – in Szenarien verwickelt` als hilfreich für eine geschichtsdidaktisch begründete Erklärung dessen, was  Bernhard Waldenfels als place identity beschrieben hat.
  • Emmanuel Levinas Reflexionen zur Spur des Anderen erlaubten eine theoretische Begründung der Relevanz von Begegnungen und Dialogen (auch als responsives Verhalten) mit Blick auf das historische Zusammenwachsen ehemals getrennter historischer Erfahrungen von Menschen, die nun zusammen leben.
  • Mit Hilfe von Martha C. Nussbaums Fähigkeitenansatz konnte die Idee eines für alle Menschen relevanten Schwellenwertes für eine Inklusive Geschichtsdidaktik entwickelt werden (Zukunft erwarten), der jedoch auf der Umsetzungsebene der Vielfalt der Menschen Rechnung tragen kann (Bandbreite möglicher Tätigkeiten mit Blick auf die Überschreitung des Schwellenwertes).

Online-Rezensionen:

https://www.hsozkult.de/publicationreview/id/rezbuecher-28105

http://www.sehepunkte.de/2017/11/30533.html

http://lernen-aus-der-geschichte.de/Lernen-und-Lehren/content/14219